BIBEL MUSEUM BAYERN

vielfältig modern lebensnah

Keine Kuschelausstellung - Ausstellungseröffnung "Wer hat das letzte Wort?"

Am vergangenen Mittwoch (29.10.25) wurde die neue Ausstellung „Wer hat das letzte Wort? Die Bibel lesen – zwischen Deuten und Verdrehen“ im BIBEL MUSEUM BAYERN in Nürnberg eröffnet. Mit der Frage danach, wann Bibelworte nicht mehr nur gelesen, gedeutet und interpretiert, sondern auch vereinnahmt und instrumentalisiert werden, trifft die Ausstellung den Nerv der Zeit.

Ausschnitt aus der neuen Ausstellung: Bibel in kommerzieller und politischer Werbung, ©Bibelzentrum Bayern, Foto:Valeska Rehm

Der US-amerikanische Präsident Donald J. Trump macht mit der Bibel immer wieder Werbung für seine christlich nationale Agenda. Er ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie Bibel heute politisch vereinnahmt wird, was auch die neue Ausstellung im Bibelmuseum in Nürnberg aufgreift. Gezeigt wird eine von Donald Trump beworbene Bibelausgabe, eine „God Bless the USA-Bible“ („Gott segne die USA-Bibel“), die mit der Aufschrift „The day god intervened July 13, 2024“ („Der Tag, an dem Gott eingriff 13. Juli 2024“) versehen ist. Mit dem Cover verweist die Bibelausgabe auf den Tag des Attentats auf ihn, das sich während des Präsidentschaftswahlkampfs 2024 ereignete, und deutet an, dass Trump unter Gottes Schutz stehe. Aber Donald J. Trump ist nur eine von vielen Facetten, wie Bibelworte in Vergangenheit und Gegenwart gedeutet und zitiert, aber auch manipuliert und instrumentalisiert wurden.

Ausstellung zeigt nicht nur Trump-Bibel

Ausgangspunkt für die Entstehung der Ausstellung war ursprünglich das im Frühjahr 2025 gefeierte 500-jährige Jubiläum des Nürnberger Religionsgesprächs, in dessen Folge in Nürnberg 1525 als erster deutscher Reichsstadt die Reformation eingeführt wurde. Beim Religionsgespräch durften sich die Diskussionsteilnehmer nur auf die Bibel berufen, also nur deren Worte zur Untermauerung der eigenen Argumente verwenden. „Daraufhin hatten wir die Idee, uns intensiver damit zu beschäftigen, was man im Laufe der Jahrhunderte mit Bibelworten angestellt hat und wie zum Beispiel Politik und Religion miteinander verknüpft wurden und werden“, sagt Ausstellungskurator und Theologe Daniel Schubach.

Dabei hätten unterschiedliche Bibelworte ganz unterschiedliche Karrieren hingelegt, wie sich an der Geschichte des Bibelzitats „Gott mit uns“ aus Jesaja 7,14 zeige. Im Alten Testament wird das Bibelwort dem judäischen König Ahas vom Propheten Jesaja in einer Bedrohungssituation zugesprochen, im Neuen Testament wird es dann auf Jesus hin umgedeutet, der den Beinamen Immanuel (Hebräisch für „Gott mit uns“) erhält. In der Folge wird es in unterschiedlichen Kontexten aufgegriffen: Einerseits als sehnsuchtsvolles Weihnachtslied „Veni, veni Emmanuel“, dass 1710 erstmals in Deutschland auf Lateinisch zu fassen ist und international bis heute eines der beliebtesten Weihnachtslieder darstellt. Andererseits wurde es aber auch als Schlachtruf verschiedener Heere, beispielsweise des schwedischen Heeres im Dreißigjährigen Krieg, verwendet und später als Wahlspruch auf den Gürtelschließen der Reichs- und Wehrmachtssoldaten aufgebracht.

Eindeutig positive und schützende Wirkung haben Bibelworte oder -bezüge dagegen als Glücksbringer und Amulette, wie die ebenfalls ausgestellte Frankfurter Silberinschrift, ein mit einem Ausschnitt aus dem Philipperbrief beschriebenes Silberblech, das zusammengerollt und in einer Hülse verstaut als Amulett um den Hals getragen wurde – ein absoluter Sensationsfund, denn es ist das älteste christliche Zeugnis nördlich der Alpen. Ein modernes Beispiel dafür, wie der eigene Glaube am Körper getragen wird, sind die Fußballschuhe von Nationalspielerin Giovanna Hoffmann, die ebenfalls präsentiert werden.

Deutlich provokativer ist dagegen die Verwendung von Bibelzitaten in kommerzieller und politischer Werbung. Auch dafür zeigt die Ausstellung einige Beispiele, wie ein Wahlplakat der FPÖ oder einen Werbefilm der Firma Yakamoz Rakı für einen türkischen Anisschnaps.

„Verstehst du denn, was du da liest?“

Aber die Ausstellungsmacher möchten mit der neuen Schau noch einen Schritt weitergehen, das zeigte sich auch deutlich in den Ansprachen der Eröffnungsfeier in der vergangenen Woche: „Wir machen keine cosy exhibition – keine Kuschelausstellung, sondern sie soll herausfordern, sie stellt Fragen und sie wird provozieren“, sagte Astrid Seichter, Museumsleiterin, über die neue Ausstellung, die sie mitkuratiert hat. „Wir haben im Titel auch bewusst eine Frage gestellt. Wir wollen nicht das letzte Wort haben, wir wollen ins Gespräch kommen.“ Die Besucher:innen der Ausstellung würden nicht nur etwas zu sehen bekommen, sondern sollten sich bewusst mit dem Gezeigten auseinandersetzen. „Jedes Lesen der Bibel ist auch schon eine Interpretation“, sagte Astrid Seichter weiter. Was das bedeutet, erklärte Daniel Schubach ausführlicher: „So können zwei Menschen, die in der Ausstellung den gleichen Text lesen, sich völlig verschiedene Dinge daraus mitnehmen. Es kann aber auch bedeuten, dass jemand ein und denselben Text zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Leben liest, und dieser zum jeweiligen Zeitpunkt ganz anders wirkt. Dahinter steckt das Phänomen, dass jeder Mensch einen Text durch eine bestimmte Brille wahrnimmt, abhängig von seinen Erfahrungen oder von seinem Wissen. Es gibt keinen objektiven, neutralen Standpunkt. Es braucht also den eigenen Kontext, der das Lesen beeinflusst, aber es braucht auch den Kontext, in dem der Text formuliert oder verwendet wird.“ Und dieses Prinzip gelte nicht nur für die Texte der Bibel, sondern im Grunde für alle Texte, die Menschen lesen. Auf dieser Basis lote die Ausstellung verschiedene Fragen in Hinblick auf den Gebrauch von Bibelworten aus: Wer kann beanspruchen, sie richtig zu verstehen? Darf sie jeder für eigene Zwecke nutzen? Was ist ein guter Zweck? Wo beginnt Missbrauch?

Prof. Dr. Stefan Ark Nitsche, der an diesem Abend nicht nur die Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern und die Evangelische Landeskirche vertrat, sondern auch in seiner Rolle als Verwaltungsratsvorsitzender sprach, bekundete seine große Freude darüber, dass die Ausstellung auch zum Nachdenken und Diskutieren anrege, und damit in mehrerlei Hinsicht Räume eröffne. Er wünsche sich in der Gesellschaft viel mehr Worte, die Räume eröffneten, „weniger ‚Basta-Worte‘, wie es sie heute so viele gibt. Die Bibel umfasst alles, was Menschen im positiven und negativen Sinn erleben können, aber sie macht auch immer wieder Hoffnungsräume auf und liefert selbst die Kriterien dafür, dass man andere Worte in diesem Buch kritisieren kann.“ Dass die Ausstellung mit ihrem Thema einen Nerv trifft, spiegelt sich nicht nur im medialen Interesse, sondern auch in den Worten der Eröffnungsfeier sowie im bis auf den letzten Platz besetzen Zuschauerraum bei der Eröffnungsfeier wider.

Kontakt:

Antonie Bassing-Kontopidis, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit,
BIBEL MUSEUM BAYERN, Lorenzer Platz 10, 90402 Nürnberg,
Tel.: +49 (0)911 477789-416, presse@bibelmuseum.bayern

Hinweis zur Corporate Identity

Bitte verwenden Sie entweder „Bibel Museum Bayern“ oder „Bibelmuseum“ (z.B. „das Bibelmuseum zeigt…“ ohne Bayern). Vielen Dank!